- Die Mieten in Hamburg sollen zu niedrig sein?
- Warum ist der Hamburger Mietspiegel ein Problem für Wohnungssuchende?
Wer sich fragt, ob der Autor dieses Artikels vielleicht etwas genommen hat, der möge bitte den Blogbeitrag bis zu Ende lesen – und alle anderen bitte auch.
Diese gewagte These betrifft auch nicht den kompletten Mietspiegel, sondern nur einzelne Aspekte. Außerdem möchte ich (bevor ich gesteinigt werde) darauf hinweisen, dass ich ebenfalls als Mieter in der schönen Hansestadt wohne und dennoch der Meinung bin, dass der Mietspiegel in seiner jetzigen Form für alle Mieter, die auf der Suche nach einer Wohnung sind, ein Problem darstellt. Als Eigentümer einiger vermieteter Wohnungen und vor allem als Mietverwalter treffe ich in Hamburg mit schöner Regelmäßigkeit alle zwei Jahre auf dieses Thema. Ähnliche Phänomene gibt es jedoch auch in anderen Städten.
Worum geht es:
Der Hamburger Mietenspiegel 2023 wurde erneut etwas verspätet Ende Dezember 2023 veröffentlicht. Er dokumentiert offiziell eine abflachende Preissteigerung der Mieten im Vergleich zu vorangegangenen Erhebungen. Mit einem Durchschnittswert von 9,83 €/qm ist ein Anstieg um 5,8% seit 2021 festzustellen, was unter dem vorherigen Anstieg von 7,3% liegt. So weit, so gut!
Es gibt jedoch je nach Größe und Baujahr der Wohnungen gravierende Unterschiede. Und hier liegt der Teufel im Detail. Laut dem Mietspiegel können zum Beispiel große Wohnungen in klassischen Rotklinkerbauten aus dem Jahr 1965 für nur 6,40 EUR pro m² gemietet werden (zum Vergleich: 2021 waren es noch 6,54 EUR pro m²). Dies bedeutet, dass die Kaltmiete einer 95 m² Wohnung in diesen Gebäuden durchschnittlich 608,00 EUR beträgt und angeblich gefallen ist. Ja, richtig gelesen: gefallen … in Hamburg! Seit Jahren beobachten wir, dass die Durchschnittsmieten und auch die Mietspannen in den Bestandsobjekten mit Baujahren in den 1950er, 60er und teilweise auch 70er Jahren ungewöhnlich niedrig ausfallen. Interessanterweise liegt seit Jahren der Norderstedter Mietspiegel für solche Wohnungen deutlich höher als der Hamburger. Wie kann Norderstedt teurer sein als Barmbek oder Winterhude?
Noch mehr Stirnrunzeln gefällig? Kein Problem!
Hamburg teilt seinen Wohnungsbestand nur in zwei Kategorien: normal und gut. Wenn Sie eine Wohnung in den TOP-Lagen (Uhlenhorst, Winterhude und Co.) haben, machen Sie sich mal den Spaß und schauen Sie nach, ob Ihre Wohnung sich tatsächlich – so wie viele Hamburger sie vermutlich einordnen würden – in einer guten Lage befindet. Die Chance ist recht hoch, dass das Hamburger Wohnlagenverzeichnis Sie in „normal“ einsortiert. Aber ich schweife ab …
Zurück zu den Mieten der oben erwähnten Baualtersklassen. Viele Bürger*innen empfinden die Zahlen, die sie teilweise im Mietspiegel lesen, als unrealistisch und weit entfernt von der gefühlten Realität der Wohnungssuche. Und sie haben recht! Der Mietspiegel, besonders für diese Baujahre, ist – vorsichtig gesagt – fragwürdig.
Aber wo ist jetzt eigentlich das Problem?
Es ist doch gut, wenn die (Achtung Sarkasmus!) bösen Miethaie in ihre Schranken gewiesen werden. Das ist doch gut für uns arme schutzlose Mieter, oder nicht? Nein! Für (fast) alle Mieter ist ein ausgeglichener Mietmarkt besser, weil wir vermutlich irgendwann auch mal wieder auf Wohnungssuche sein werden. Zu niedrige Bestandsmieten führen nahezu automatisch zu höheren Mieten bei neu verfügbaren Wohnungen, was aktuell vor allem für Familien, die eine größere Wohnung suchen, eine enorme Herausforderung darstellt.
Warum ist das so?
Häufig wohnen in diesen günstigeren, großen Wohnungen ältere Paare, die nicht in kleinere, teurere Wohnungen umziehen möchten oder können. Das ist auch verständlich. Warum sollte man sich verkleinern, um dann auch noch mehr Miete zu zahlen? Dies führt zu einem Mietgefälle zwischen vermieteten Bestandswohnungen und leerstehenden Wohnungen, was die natürliche Fluktuation im Wohnungsmarkt hemmt und paradoxerweise zu einer Steigerung der Mieten bei verfügbaren Wohnungen führt. Größere Wohnungen sind besonders stark von dieser Entwicklung betroffen, aber auch bei kleineren Objekten lässt sich dieser Effekt bereits beobachten. Moderat steigende Mieten im Bestand könnten zu einer faireren Verteilung der Mietpreise beitragen, weil die Bewohner irgendwann ihren Platzbedarf hinterfragen.
Aus meiner Sicht stellt die fehlende Fluktuation einen nicht unwesentlichen Aspekt für die hohen Mieten der wenigen verfügbaren Wohnungen in Hamburg dar. Die Logik dahinter ist einfach: Eine höhere Fluktuation führt zu einem größeren Angebot, und ein größeres Angebot führt tendenziell zu niedrigeren Preisen für die angebotenen (leeren) Wohnungen. Ein ausgeglicheneres Mietniveau sorgt für fairere Mieten für alle. So einfach ist das!
Natürlich existieren diverse Entwicklungen, die die Mietpreise beeinflussen. Andere Faktoren sind massiv gestiegene Baukosten, die unter anderem durch gesetzliche Auflagen entstehen und somit das Bauen für Vermieter in einigen Bereichen nahezu unwirtschaftlich, oder die Mieten überzogen teuer macht. Über die Verfügbarkeit von Bauplätzen zu adäquaten Preisen, muss ich auch nicht schreiben.
Der Mietspiegel in Hamburg verschärft aber aus meiner Sicht ein ohnehin vorhandenes Problem noch weiter. Diese Gedanken kamen mir erneut und ich wollte sie gerne teilen, als ich vor dem neuen Exemplar von 2023 saß und mich fragte, wer diese Zahlen (zumindest in einigen Bereichen) erhoben hat und was wir sowie unsere Kunden davon halten sollen.
Viele Grüße
Mathias Hannaske